„Um Leben und Tod“ – Darum ist United gegen Liverpool so brisant

Manchester United gegen den FC Liverpool. Der Knaller des 9. Spieltags der Premier League (So., 17:00 Uhr LIVE auf Sky Sport 1 HD) ist das Duell der beiden erfolgreichsten englischen Mannschaften – und es ist die Geschichte einer großen Rivalität.

„Das ist noch ein echtes Derby, in dem sich zwei große Rivalen treffen“, erinnert sich Sky Experte Erik Meijer, der in der Saison 1999/2000 im Spiel bei Manchester United in Liverpools Startelf stand. Dabei sei die Stimmung im Vorfeld des Derbys eine ganz besondere gewesen.

„Die Fans wollten mir mit auf den Weg geben: Das ist das wichtigste Spiel im Jahr. Du bist nicht aus dieser Stadt, nicht aus diesem Land, aber verstehe eine Sache richtig: Hier geht es eigentlich mehr oder weniger um Leben und Tod. Wir erwarten von dir, dass du auf dem Platz volle Pulle Gas gibst, um dieses Spiel zu gewinnen“, berichtet der Niederländer. Das Duell der beiden rivalisierenden Nachbarn endete damals 1:1.

Wie Dortmund gegen Schalke

Von Manchester bis Liverpool sind es knapp 60 Kilometer, das Stadion Old Trafford und die Anfield Road liegen nur etwas mehr als 50 Kilometer auseinander. „Auch wegen der geographischen Nähe kann man Manchester gegen Liverpool am ehesten mit Dortmund gegen Schalke vergleichen“, erklärt Didi Hamann. Der Sky Experte spielte von 1999 bis 2006 für Liverpool, gewann mit den Reds 2005 die Champions League.

Keine Wechsel, hitzige Duelle

Dass die Städte einst als Wirtschaftszentren miteinander konkurrierten, ist ein Grund für das spezielle Verhältnis. Die Rivalität übertrug sich auf den Fußball und ist so groß, dass seit 1964 kein einziger Spieler direkt von einem zum anderen Verein gewechselt ist.

2007 wollte der Argentinier Gabriel Heinze zu Liverpool wechseln. Doch Teammanager Sir Alex Ferguson stellte sich quer, Heinze wechselte schließlich zu Real Madrid. Auch die Fans beider Lager gönnen sich nichts und lieferten sich in der Vergangenheit Gesangsduelle, die über die Grenzen des guten Geschmacks hinausgingen.

Auf dem Platz ging es ab und an hitzig zu: In der Saison 2011/12 sorgte Liverpools Luis Suarez mit rassistischen Beleidigungen gegen Manchesters Patrice Evra für einen Eklat, 2015 sah Steven Gerrard in seinem letzten Derby nur 38 Sekunden nach seiner Einwechslung die Rote Karte.

Nach Meistertiteln führt Manchester

Natürlich sorgt die Frage, wer denn der erfolgreichere Klub ist, für Brisanz. 20 Mal wurde United englischer Meister, 18 Mal Liverpool. Zwölf FA-Cup-Siegen von United stehen sieben Liverpooler Erfolge gegenüber. In der Champions League bzw. im Landesmeisterpokal haben die Reds aber seit dem vergangenen Frühjahr mit sechs Triumphen doppelt so viele wie die Red Devils aufzuweisen.

„Liverpool war eine Weile immer hinter Manchester und musste mit ansehen, wie United unter Ferguson in der Meisterschaft praktisch unschlagbar war und auch in der Champions League erfolgreich war“, erklärt Meijer den Konkurrenzkampf. „In der letzten Zeit wurde die Lücke geschlossen, Liverpool ist aktuell viel weiter als Manchester United“, ergänzt der Ex-Stürmer.

Vor dem Spiel am Sonntag steht Liverpool als Tabellenführer 24 Punkte, Manchester liegt mit 15 Punkten Rückstand abgeschlagen auf Platz zwölf. In der vergangenen Saison trennten Vizemeister Liverpool und Manchester als Sechster satte 30 Zähler.

Wie groß die Rivalität der beiden Nachbarn ist, zeigt eine Radio-Umfrage aus der vergangenen Saison. United-Fans erklärten damals, lieber gegen den Ortsrivalen City verlieren und damit die Teilnahme an der Champions League opfern zu wollen, nur damit die Reds nicht den Titel holen.

Reds können zwei Rekorde einstellen

Am Ende fehlte Liverpool ein Punkt zur Meisterschaft. In dieser Saison hat die Mannschaft von Trainer Jürgen Klopp nach acht Siegen in Folge bereits acht Punkte Vorsprung auf die Citizens und kann mit einem weiteren Erfolg den Startrekord des FC Chelsea einstellen. Saisonübergreifend haben die Reds sogar 17 Spiele in Serie gewonnen und können mit Rekorhalter City gleichziehen (18 Siegen in der Saison 2017/18).

„Es ist Wahnsinn und beeindruckend, was Liverpool in den letzten eineinhalb Jahren geleistet hat“, findet Hamann. „Sie haben ein Champions-League-Endspiel verloren, in der Liga 97 Punkte geholt und die Meisterschaft nur knapp verpasst. Und dann haben sie das Finale der Königsklasse gewonnen. So etwas schaffen nur ganz besondere Mannschaften“, schwärmt der ehemalige Nationalspieler. Klopp würde mit seinem Team Legendenstatus erreichen, wenn er den ersten englischen Meistertitel seit 1990 holen würde.

„Die Sehnsucht nach diesem Titel ist enorm, höchstens vergleichbar mit der Sehnsucht des FC Schalke 04 nach der Meisterschaft“, glaubt Meijer. „1990 ist so lange her, dazwischen waren viele gute Jahre von United. Jetzt freuen sich die Leute in Liverpool, weil sie das Gefühl haben, dass die Reds Manchester richtig wehtun können.“

Bild: Getty Images